Der freche Mario

Der § 166 StGB ist so schwachsinnig wie das, was er schützt: Er stellt, salopp gesagt, Gotteslästerung unter Strafe. Etwas schwülstig wird darin Gefängnis bis zu drei Jahren verkündet, für denjenigen, der Religion oder Glauben und sogar ihre Einrichtungen und Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Wenn man sich auf der Welt umschaut, stellt man allerdings fest, dass es gerade und immer wieder Religionen sind, die den öffentlichen Frieden nicht nur stören, sondern ganze Landstriche in Schutt und Asche legen.

Einen Paragraphen, der Wissenschaftslästerung unter Strafe stellt, sucht man in unseren Gesetzbüchern vergeblich. Jeder Religion steht es frei, der Erdgeschichte zu spotten, die Evolution zu leugnen, zu behaupten, die Erde sei fünftausend Jahre alt, Dinosaurier habe es nie gegeben, Darwin sei ein Idiot gewesen, wie von amerikanischen Kreationisten propagiert. Nichts ist schwachsinnig genug, was nicht von Religionsfreiheit geschützt wäre. Wissen ist vogelfrei. 2 + 2 ist zwar nicht 5, aber wer es gegen die Mathematik auf eine Wand schreibt, dem werden nirgends auf der Welt dafür die Hände abgehackt.

Religionsfreiheit ist ohnehin eine vollfalsch verstandene Sache: Kinder üben doch keine Religionsfreiheit aus, wenn deren Eltern sie per erzieherischer Gehirnwäsche in Religionen zwingen! Wenn Eltern ihren Kindern Handlungen aufnötigen, die diese Kinder nicht erfassen, geschweige ein Für und Wider erörtern könnten. Vorausgesetzt, man ließe es überhaupt zu, dass Kinder sich eigene Gedanken machen und eigene Entscheidungen treffen.

Religionsfreiheit müsste zuerst bedeuten, Kinder von Religion frei zu halten. Mit Politik verfährt man so. Dafür sind Kinder zu klein, zu dumm, traut man ihnen gar nicht zu, das würde sie überfordern. Religion hingegen, als abstrakteste und abgehobenste menschliche Daseinsform überhaupt, ist Kindern jederzeit zuzumuten.

Man stelle sich vor, es ginge nicht um Religion, sondern um Politik: Die Eltern würden ihre Neugeborenen CDU-, SPD-, Linke- oder welche-Partei-auch-immer-taufen lassen, sonntags mit ihnen ins Parteibüro gehen, sie mit drei Jahren auf die Parteischule schicken, ihnen Parteiwimpel an die Wand nageln, ab der Einschulung Unterricht in der Partei „ihrer“ Wahl erteilen, ihnen mit zwölf Jahren per feierlichem Akt Teile vom Körper schneiden, einen Schwur aufs Parteibuch abnehmen. Jedem Dorfpfarrer würden sich bei derartiger Kindesmisshandlung die Schamhaare sträuben. Bei Religionen hingegen ist das alles völlig in Ordnung!

Der Kunstpreis Der freche Mario nun hat es sich seit 2008 zur Aufgabe gemacht, mit dem ganzen Mist aufzuräumen, Religionen zu kritisieren, Praktiken und Auswüchse anzuprangern, Gewohnheiten und Traditionen zu hinterfragen und zu entlarven. Er zeichnet Kunstwerke aus, die sich satirisch-kritisch mit Glauben und Religion, Kirche und Klerus auseinandersetzen.
Er setzt damit ein Zeichen für Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit.
Das ursprünglich angestrebte Ziel, die überfällige Abschaffung des § 166 StGB, darf man getrost großzügig ausweiten. Letztlich geht es um die Überwindung aller Religionen. Bereits Anfang Juni ist das Buch zum frechen Mario erschienen, mit den Gewinner- und ausgesuchten  Beiträgen der Jahre 2008 — 2016 …

 

Der freche Mario
ausgesuchte Beiträge aus den Wettbewerben 2008 – 2016

 

Teilnehmer und Beiträge:

  • Della Croce: Via Dolorosa
  • Till Mette: Gott
  • Erste Allgemeine Verunsicherung (E.A.V.): Mein Gott
  • Eberhard Weible: Vater Unser
  • Gisbert Zalich: Ein atheistisches Gebet
  • Herrjot: Ja das / Erlösung / light my fire / Bis dass der Tod euch scheide
  • Michael Schmidt-Salomon: Die subversive Kraft des Humors
  • Wolfram P. Kastner & Michael Wladarsch: Heiliger Stuhl & Heiliger Geist
  • Robert Kunec: The Twelve
  • Rudi Hurzlmeier: Restauration einer Heiligenfigur
  • Olaf Encke & Claudia Romero: Judas & Jesus
  • Titanic / Das endgültige Satiremagazin: Titelblatt
  • Max Mesa: Aquarium
  • Michael Holtschulte: Blasphemie
  • Urban Hüter: Madonna con Latte
  • Achim Stößer: Gott gibt es nicht
  • Jörn Birkholz: Holy Crap
  • Rainer Schade: Fest der Hiebe
  • Miguel Fernandez: Jesus
  • Piero Masztalerz: Penis
  • Christoph Wischniowski: Father and son in town
  • Ulf S. Graupner: … als sein Ebenbild schuf er ihn
  • Hans Sagmeister: Matthäus 19/24
  • Lisa Fitz: Jesus & Exorzismus
  • Kerstin Lochner: Domino-day
  • Marco Wikkering: Blow up t-shirt
  • Martin Zak: Wenn Gott sich langweilt
  • Olivia Rost: Sommernachtstraum
  • Rainer M. Osinger: Der Wissenschaftler / Ermahnung
  • Rolf Heinrich: Leichtes Spiel
  • Uli Knorr: Abendmahl
  • Wolfram P. Kastner & Linus Heilig: Papst trifft Hitler
  • Ruth Hebler alias Sikitu: Wir machen uns stark für Menschen
  • Steve Geshwister: Heilige Homoehe / Konvestit / Bananität des Bösen
  • André Becchio: Jesus kreist
  • André Poloczek: Monotheistische Religionen
  • Anna Stuffer: Reise nach Jerusalem / Biedermanns Entlarvung
  • Rainer Unsinn: Evas Schöpfung / Kreuzweh
  • Arnika Müll: Let’s pope
  • Beate Zacharias: Todsauer / Abendmahl
  • Dorthe Landschutz: Auferstanden
  • Iven Einszehn: Leben im Zölibat
  • Claire Cobien: Ghostly Vibrations
  • Möck: Just chill!
  • Saeed Foroghi: Einweg-Gott
  • Sebastian Herzau: Nackt wie ich mich schuf
  • Sonja Dürscheid: Messebewegung Zwei
  • Stefan Klinkigt: Dali Lama
  • Uwe Tauscher: Er saß zur Rechten Gottes
  • Katharina von Koschembar: Maarmadonna
  • Katharina Greve: Missbrauch
  • ToolsAttack: Atheist
  • Smarter User Gustav Erb: Life is complicated

 

 

Der freche Mario
Kunst, Kultur und ewig währende Wahrheiten
Hrsg.: Bund für Geistesfreiheit (bfg) München

Alibri Verlag
127 Seiten | kartoniert | € 16.-
ISBN 978-3-86569-240-5

Leben im Zölibat
Bund für Geistesfreiheit (bfg) München
Kunstpreis Der freche Mario
Giordano-Bruno-Stiftung
Humanistischer Pressedienst

KoZe verteigen II

Heute, am frühen Morgen, ist die Polizei in Besatzungsmanier erneut auf dem Gelände des KoZe angerückt, um einen weiteren Bauzaun zu errichten. Dieser zweite Bauzaun, eng am durch die Aktivisten genutzten ehemaligen Kindergarten, raubt dem KoZe nun den bisher lebhaft bespielten Innenhof.

Wie schon beim ersten Übergriff wurde die Maßnahme nicht angekündigt. Kein Wunder, da hätte man ja miteinander reden müssen, diskutieren, argu-men-tie-ren! Gerade Letzteres ist dem Sprecher der Finanzbehörde, Daniel Stricker, schlicht wesensfremd. In seiner Art, ätzende Kommentare abzuliefern und sinnfrei diffamierend rumzukötern, könnte er sich bei den Dorfnazis in Heidenau einreihen und würde gar nicht weiter auffallen.

Heute vormittag wurden ein Spielplatz und alle Installationen auf dem Hof plattgemacht; Nutzung und Besitztumrechte wurden ignoriert. Gleichzeitig wurden Wasserwerfer vorgefahren, die Norderstraße wurde durch die Polizei abgesperrt. Nicht einmal die Presse wurde durchgelassen. Maßgeblich, weil Bäume gefällt wurden, es zu gefährlich sei. Weshalb gefällte Bäume Polizisten nicht gefährden, die Presse hingegen schon, sei dahingestellt. Der Rechtsbruch nicht. In Deutschland ist die Pressefreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes verbrieft.

Man sollte jedem einzelnen Polizisten jeden Tag aufs Neue einbläuen, dass er jederzeit das Recht hat, zu remonstrieren! Die Remonstration ist – kurzgesagt – das Recht, einen Befehl zu verweigern, wenn er illegal ist. Dass ein Polizist sich auf diesem Wege flott mal die Zukunft versaut, ist klar – dass es vielen Menschen total schwerfällt, ein anständiger Mensch zu sein, gleichzeitig aber auch!

Eine Demokratie braucht solche Arschlöcher nicht. Wir wissen, dass es nur aufgrund solcher Arschlöcher gelingen konnte, ein drittes Reich zu schaffen! Liebe Polizisten, beschwert euch nicht, dass ihr immer wieder als Nazis beschimpft werdet. Gebärdet euch eben als aufrechte Demokraten!

Infolge des Übergriffes durch die Polizei gab es heute ab 19 Uhr erneut eine Demo zum Erhalt des KoZe. Kleinere Feuerwerke wurden abgebrannt, vereinzelt hörte man eine Flasche klirren oder ein Böllerchen explodieren. Diese Minimalereignisse, die mit ein bisschen Augenmerk und gesundem Menschenverstand keine Silbe wert sind, gereichen der Polizei immer wieder zu geistloser Eskalation, damit die Jungs in den Wasserwerfern ein bisschen was erleben und der kleine Sadismus auf der Straße von jedem verkümmerten Ego in marzialischer Uniform im Namen des Staates ausgelebt werden kann.

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Demo zum Erhalt des KoZe Hamburg 02.09.2015
Begrüßungskomitee der Polizei
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Demo zum Erhalt des KoZe Hamburg 02.09.2015
Bengalos verbreiten den Geruch von Freiheit!
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Demo-03
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Demo zum Erhalt des KoZe 02.02.2015
Sichere Notiz: Tele des Ermittlungsausschusses
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Demo zum Ergalt des KoZe 02.09.2015
Begrüßung im Gängeviertel.
Es ist schön, dort anzukommen, ihr seid immer wieder geistreich.

Dass diese Demo trotz mehrfacher Drohungen aus den Wasserwerfern nicht in Grund und Boden geprügelt wurde, liegt sicher nicht daran, dass die Hamburger Polizei an plötzlicher Besonnenheit leiden würde. Dafür ist die Polizei in Hamburg so wenig bekannt, wie die Polizei in Dresden.

Hätte die Polizei in Hamburger Manier überreagiert, weil irgendwo eine Flasche runterfällt, hätte sie den Weg für Eskalationen am 05. September auf dem Schanzenfest und am 12. September zur antifaschistischen Großdemo bereitet.

Auch wenn die Hamburger Polizei sich oft extrem dumm aufführt – so bauernschlau ist sie dann doch, ihre Strategien mit Kalkül zu bedenken: Heute hatten wir also wohl nur Glück, weil unsere Rücken durch die nahen Termine gestärkt sind.

Was die Hamburger Polizei heute einmal mehr bewiesen hat: Sie geht bereitwillig mit dicken Eiern auf den Straßenstrich des Kapitalismus. Nutten, die uns eine unerwünschte Dienstleistung dieser Art aufdrängen, brauchen wir nicht …

Unsere KoZe
gegen eure Scheiße!

UND: Eine KoZe
für jeden Stadtteil!